Kosher™

Ein herber Rückschlag:

Kosher zu essen ist vielen Menschen wichtig, auch in der Reformgemeinde. In Israel (und auch in der Diaspora) gibt es daher einige „Kosher“ Stempel, welcher ausschließlich durch das „orthodoxe“ Rabbinat zertifizierte Stellen ausgegeben werden. Nach israelischem Gesetz darf auch nur dieses Rabbinat das Wort Kosher nutzen und auch andere Hinweise auf die Speisegesetze sind diesem vorbehalten.

Hintergrund ist ein Gesetz aus dem Jahr 1983, welches Betrug verhindern sollte, und es allein dem Rabbinat übertrug, Kosherzertifikate zu vergeben. Restaurants, Hotels und die Lebensmittelindustrie muss nun jährlich Geld für Überprüfungen zahlen, auch wenn diese nur oberflächlich und lückenhaft erfolgen. Auch gibt es Berichte über Kontrolleure, welche unter der Hand noch etwas „oben drauf“ verlangen.

Doch auch wenn dieses System nicht anfällig auf Korruption wäre, gibt es einer religiösen institutionellen viel Macht. So kann ein Restaurant angewiesen werden, das Gemüse bei einem bestimmten Händler zu kaufen, Silvesterfeiern dürfen nicht mehr  durchgeführt werden. Das System ist auch noch richtig teuer: Laut einem Bericht des Innenministeriums, aus dem die Zeitung Haaretz zitiert, koste dies insgesamt Jährlich knapp 687 Millionen Euro, Lebensmittel würden rund 5% teuerer. 

Vor einem Jahr kam es dann zu einem Durchbruch: Eine unabhängige Organisation konnte, mit Hilfe der Reformbewegung, durchsetzten, dass sie ein Zertifikat ausgeben duften, auf welchem sie das Wort „Kosher“ zwar nicht verwenden durften, aber trotzdem eine rituelle Reinheit attestierten konnten. Zudem mussten sie darauf hinweisen, dass es sich nicht um ein Zertifikat des orthodoxen Rabbinats handelte. Ein Staatsanwalt am obersten Gericht in Israel hatte einer diesbezüglichen Petition in einer etwas weiteren Auslegung des Gesetzes von 1983 zugestimmt 

Die Reformbewegung, allem voran IRAC (Israel Religious Action Center) wollte nun weiter gehen und wendete sich mit einer Petition an des oberste Gericht, welche auch die Verwendung des Wortes „Kosher“ durch, vom orthodoxen Rabbinat unabhängigen Institutionen, erlaubte. IRAC und zwei unabhängige Unternehmen, welche die Petition mit eingereicht hatten, argumentierten, dass es zu einem freien Markt gehöre, dass jeder behaupten könne, ein Produkt sein Kosher. 

Leider sprachen sich zwei der drei Richter gegen diese Argumentation aus und legten das Gesetz von 1983 wieder strenger aus, was die Betriebe in Bedrängnis bringt, die schon das Zertifikat der unabhängigen Organisation nutzt, welche an diesem Rechtsstreit nicht beteiligt war. 

In seiner Urteilsbegründung schrieb einer der drei beteiligten Richter, Richter Noam Sholberg „Meine Entscheidung betrachtet die Interpretation des gültigen Rechts, mit dem was ist und nicht mit dem was sein sollte“.  Man beachte, dass dies einer der Richter war, die für die strenge Auslegung des Gesetztes gestimmt hatte. 

Dieses Urteil ist nun ein wesentlicher Schritt gegen religiösen Pluralismus und das rabbinat freut sich dementsprechend. Auch wenn sie zunächst zugesagt hatten, dass es nun erst einmal eine Übergangszeit geben würde, wurde schon einen Tag nach der Entscheidung „letzte Warnungen“ an Betriebe rausgegeben, die das alternative Zertifikat nutzen.

Gershom Gorenberg schreibt in einem sehr gelungenen Artikel in Haaretz einige Gedanken zu diesem Urteil: Kosher, schreibt er, ist kein klar definierter Begriff, die Auslegungen zu dem Thema füllten Regalwände. Es sei sinnvoller, eine gut einsehbare Liste auszuhängen, die aufzeige anhand welcher Kriterien das Wort Kosher genutzt würde, als es einer Religiösen Institution zu überlassen, ein Zertifikat auszustellen. Dies führe dazu, dass ein ganzes Land von dieser Institution gekidnappt werden könne. Ohne die Übermacht, die Gesetze wie das von 1983 garantierten (und von diesen gibt es noch viele mehr) könne sich eine Gemeinde von ihrem Rabbinat trennen, wenn dieses ihnen zu korrupt geworden sei. Dies sei dank solch einer Gesetzgebung nicht möglich. Er richtete auch scharfe Worte an den Richter Sholberg: 

„Mit allem Respekt, Eurer Ehren, ich kaufe Ihnen das nicht ab. Gesetzgebung ist keine Übung in Sprachwissenschaft. Die Entscheidung ist nicht nur über die trockene Bedeutung von Wörtern und seine Auswirkungen sind in dem Urteil nicht erwähnt. Ich glaube, die Richter dachten, dass sie die Kashrut haltende Gesellschaft schützen. Das haben sie nicht. Sie haben nur die Rabbiner geschützt, die der Gesellschaft aufgedrückt wurden, dem Rest habt die das Recht zur Entscheidung genommen.


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Jakob